Gebäude

Das „Freifrau Abraham von Oppenheim'sche Krankenhaus“

Stiftung des Krankenhauses

Vor der Errichtung des Krankenhauses hatten die meist ärmlichen Bassenheimer Bürger kein Geld für Krankenpflege oder ärztliche Betreuung. In der Gemeinde Bassenheim lag zu dieser Zeit eine arme Frau krank danieder. Sie war Witwe und hatte außer einem Pflegesohn, niemanden, der sich ihrer wirklich annehmen konnte. Um eine Pflegerin zu bestellen fehlte das Geld. Der Bassenheimer Pfarrer Peter Schmitt (1867 – 1909 in Bassenheim tätig) fasste im Sommer 1885 den Plan, an die, wegen ihrer Güte bekannte Frau Charlotte Freifrau Abraham von Oppenheim, heranzutreten, mit der Bitte, um eine geldliche Unterstützung zur Errichtung eines kleinen Schwesternhauses für die Kranken- und Armenpflege. Wie überrascht muss der Pfarrer wohl von der Antwort gewesen sein, als die Freifrau sofort auf das Anliegen einging und bereitwillig zusagte, für die Kosten aufzukommen. Schon am nächsten Tag ließ die Freifrau von Oppenheim dem Pfarrer Peter Schmitt mitteilen, sie wolle noch einen Schritt weitergehen und ein Krankenhaus bauen. An diesem Entschluss soll die Gesellschafterin der Freifrau, Fräulein Banche Fauquet, eine katholische Französin, nicht geringen Anteil gehabt haben. Zur Verwirklichung dieses Entschlusses stellte die Freifrau von Oppenheim neben dem Bauplatz zusätzliche 5000 m² Land sowie 100.000 Mark zur Erbauung und Ausstattung des Krankenhauses, ebenso weitere 300.000 Mark als spätere Schenkung zur Verfügung1. Dieser Betrag ist unter Berücksichtigung des damaligen Geldwertes eine Summe, die heute fast unvorstellbar erscheint.

Das Krankenhaus sollte, so heißt es in der Stiftungsurkunde vom 12.10.1885, „Unbemittelt aus Bassenheim, ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses, zum Zweck der Heilung und Pflege unentgeltliche Aufnahme gewähren, aber auch, so weit es die räumlichen Verhältnisse gestatten, bemittelten Kranken aus Bassenheim und Umgegend, sowie armen Kranken aus der Umgegend gegen mässige Vergütung offenstehen.“ Ebenfalls wurde von der Freifrau festgelegt: „Das Krankenhaus muss für alle Zeiten den Namen 'Freifrau Abraham von Oppenheimsches Krankenhaus' tragen.“

Der Pfarrer setzte sich mit dem Bauunternehmer Heinrich Pies, wohnhaft in Saffig, in Verbindung. Ein erster Bauplan, der 10 große Zimmer beabsichtigte, stieß bei der Freifrau jedoch auf unzureichende Zustimmung. Daher wurde der Bauplan um weitere 8 Zimmer, 9 Mansarden (ausgebautes Dachgeschoss) und einigen Souterrainräumen (Räume im Keller bzw. Untergeschoss) erweitert. Der Kostenanschlag in Höhe von 48.694 Mark für den Rohbau wurde am 29.09.1885 genehmigt.

Schon am 24.10.1885 erfolgte die feierliche Grundsteinlegung und am 28.06.1887 die Übergabe des fertigen Hauses, das ohne Unfall in so kurzer Bauzeit errichtet worden war. Es konnte bis zu 30 Kranke und 10 Hospitaliten (Angehörige von Ordensgemeinschaften) aufgenommen werden. Erste Oberin (Oberschwester) war Gisberta Hipler. Daneben wurde auch ambulante Krankenpflege im Ort ausgeübt. Die Krankenpflege im Ort und im Hause waren unentgeltlich, nur die Bemittelten zahlten einen geringen Pflegesatz. Für Bedürftige wurde in den Wintermonaten eine Suppenküche eröffnet: „… für die Armen von Bassenheim während der Wintermonate.“ Auch arme Durchreisende wurden an der Pforte beköstigt.

Haupteingang des „Freifrau Abraham von Oppenheim'sche Krankenhaus“ mit Kapelle (links) um 1900.

Tod der Freifrau Charlotte von Oppenheim

Nur kurze Zeit war es der edlen Stifterin vergönnt, die segensvolle Wirkung ihres Werkes zu erleben. Am 24.10.1887, an dem Tag, an welchem zwei Jahre zuvor der Grundstein zum Krankenhaus gelegt worden war, verstarb die edelherzige Frau in Köln. In Ihrer letzten Verfügung hat die Baronin zur ursprünglichen Schenkung weitere 150.000 Mark testamentarisch hinzugefügt.

Segensreiche Jahre

Nach dem Willen der Stifterin sollte die Krankenpflege und der Haushalt „den Schwestern aus der Congretation des hl. Carl Borromäus in Trier“ übergeben werde. Gerne erinnern sich die Bassenheimer an die Schwester M. Cerubina, die 50 Jahre in Bassenheim tätig war, oder an Schwestern Eweline und Schwester Theofrida. Ganz besonders bekannt wird wohl bei den älteren Bassenheimern Schwester Florida gewesen sein, die auch in Wolken die Kranken besuchte.

Die Zinsen des Hauses wurden in keinem Jahr ganz aufgebraucht. Um daher das Haus im weiteren Umfang der Gemeinde nützlich zu machen, wurde im Jahre 1889 ein Gebäude für eine Bewahrschule (heute Kindergarten) und Nähschule gebaut und im Jahre 1890 eröffnet.

Die Bassenheimer Bürger hatten ein geradezu inniges Verhältnis zu ihrem Krankenhaus, denn hier wurden Babys geboren, Kinder im zur Stiftung gehörenden Kindergarten betreut, kranke Bürger gesund gepflegt und viele Ältere noch liebevoll umsorgt, wenn die von der Krankheit genesen waren, es aber an der häuslichen Pflege fehlte.

1889 gab es in Bassenheim eine Typhusepidemie; im Laufe dieses Jahres wurden 49 Patienten betreut. In den darauf folgenden Jahren bis zur Jahrhundertwende wurden maximal 77 Patienten betreut. Man darf also davon ausgehen, dass damals die Patienten sehr viel länger als heute im Krankenhaus verweilen mussten und dass andererseits die Belegung bei weitem nicht so hoch war wie heutzutage.

1898/99 bestand die Notwendigkeit zum Bau einer Krankenhauskapelle. Plan- und Kostenanschlag wurde von dem königlichen Kreisbaumeister Baurat Hendrichs zu Koblenz angefertigt. Am 19.04.1898 wurde der Grundstein gelegt. Am 26.04.1899 vollzog Dechant Meurin die Benediktion der Kapelle. Sie wird 1984 profaniert und steht heute unter Denkmalschutz.

Im Jahre 1904 wurde hinter dem Hausgarten eine Leichenhalle mit Sezierraum und Desinfektionseinrichtung errichtet.

Ein Isolierhaus wurde 1911 errichtet. Es umfasste 2 Krankenzimmer, welche bei Bedarf mit 5 Betten erweitert werden konnten, einen Personalraum, eine Teeküche, eine Klosettanlage (heute Toilettenraum) und einen Baderaum.

Luftbild vom Bassenheimer Krankenhaus mit Anbau und Kapelle aus dem Jahr 1962.

Durch die Inflation nach dem Ersten Weltkrieg (1914 – 1918) ging das Kapital, hauptsächlich in Staatspapiere angelegt, verloren. Die Schwestern kämpften um die Existenz des Hauses. Um dem Krankenhaus Einnahmen zu verschaffen, trat man mit dem Krankenkassenverband in Kontakt. So konnte im Jahre 1921 Kassenpatienten und Erholungsbedürftige verpflegt werden. Später wurde ein Teil des Kapitals aufgewertet, sodass das Haus eine jährliche Einnahme von etwas über 5.000 Mark hatte.

Im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1945) wurden die Räumlichkeiten des Krankenhauses überwiegend als Lazarett genutzt, zuletzt bis Mitte 1946 auch von den Franzosen.

1956/57 wurde das Krankenhaus umgebaut und zugleich erweitert.

Schließung und Neuanfang

Nie war das Krankenhaus in den roten Zahlen und hätte eigentlich erhalten werden müssen und doch setzten sich zunehmen Mitte der 60er-Jahre die Errichtung von „Großkliniken“ durch. Schließlich wurde am 28.12.1977 das Krankenhaus geschlossen. Die letzte Oberin hieß Stefana Ehlen.

In der Folgezeit stand das Krankenhausgebäude einige Monate leer. Im Frühling 1979 wurden in den Räumen 56 Flüchtlinge aus Vietnam einquartiert, die nach einiger Zeit in andere Orte zogen. In den folgenden Jahren sollte das ehemalige Krankenhausgebäude zur Drogenklinik für straffällig gewordene Jugendliche umfunktioniert werden. Der bereits abgeschlossene Mietvertrag wurde aber überraschend wieder aufgelöst.

Schließlich vereinbarte man mit der Gesellschaft für „Psychosomatische Therapie einen Pachtvertrag. Das Gebäude wurde für 6,5 Millionen DM modernisiert und erweitert, sodass 1984 das Therapiezentrum Bassenheim für psychosomatisch Kranke eröffnet wurde.

Ihre Schenkungsurkunde von 1885 schließt die Baronin mit den Worten: „Möge das Krankenhaus, das ist meines Herzens innigster Wunsch, für alle Zeiten eine Quelle reinsten Segens für Bassenheim sein.“

Letzte Überarbeitung: 25.01.2024

 

Quellen
  • Mit Genehmigung von Josef Bartz: Nach dem Buch: Bartz, Josef: Bassenheim. Geschichten einer Gemeinde, 2001, Seite 105
  1. http://www.alemannia-judaica.de/bassenheim_juedgeschichte, 07.09.2022

Bildverzeichnis

  • Aquarell, Martinus Museum Bassenheim, 2021
  • Postkarte, Luftbild 1962, Christof Künster

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