Dorfleben

Als der Winter noch ein Winter war

Josef Bartz

Für die Jüngeren unerklärlich und nicht zu verstehen, für die Älteren aber Gang und Gebe, war die Tatsache, dass früher in den Wintertagen in der ganzen Wohnung nur der Küchenherd in Betrieb war und somit nur ein Zimmer geheizt wurde. Es gab keine Öl- oder Gasheizung, kein fließend warmes Wasser und auch keinen Elektroherd.

Der Küchenherd wurde mit Holz-Briketts oder Kohlen befeuert und zum Kochen oder Erhitzen von Wasser verwendet.

Abends saß die ganze Familie in der Küche um den Herd,- die Tür wurde geöffnet und das wärmende Feuer war zu sehen. Das Licht wurde gelöscht und es wurden Geschichten erzählt. Das Wohnzimmer (auch gute Stube genannt) wurden nur zu besonderen Anlässen genutzt.

Die von Schnee, Eis oder Regen durchnässten Strümpfen oder Hosen hingen an der Herdstange zum Trocknen. Da wir meist nur eine Hose hatten, musste diese am nächsten Tag wieder angezogen werden. Gleiches galt für die Schuhe: Diese wurden mit Zeitungspapier ausgestopft und auf dem Kohlenkasten gestellt, damit sie schneller trocknen konnten.

In den Schlafzimmern herrschten oft Minusgrade. So wurden zum Erwärmen der Betten einige Ziegelsteine im Ofen erhitzt und anschließend in Lappen oder Zeitungspapier gewickelt. Im Winter wurde auch kein Fenster geöffnet. Die Wärme durfte ja nicht aus den Zimmern weichen. Dadurch war von der Innenseite das Glas dick mit Eis belegt, denn draußen war es bitterkalt. Wollte man aus dem Fenster schauen, musste man zuerst ein Guckloch ins Eis kratzen. Für die heutige Zeit unvorstellbar.

Dies galt auch für die Toilette. Bis weit in die 50er-Jahre gab es noch die berühmten Abtrittshäuschen. Diese standen im Hof ohne fließend Wasser und Licht. Als Toilettenpapier wurde nach dem Lesen die Rhein-Zeitung genutzt.

Dadurch, dass nur an besonderen Feiertagen die gute Stube benutzt und auch geheizt wurde, war der Raum kalt wie ein Eisfach. Der Weihnachtsbaum hielt sich dadurch sehr lange und fing erst nach Karneval an, die Nadeln zu verlieren. Es gab Familien, die ihren Christbaum erst an Ostern aus dem Wohnzimmer entfernten.