Der letzte Schneider von Bassenheim
Josef Bartz
Bis Ende der 50er-Jahre war Georg Becker nur als Schneide Jersch bekannt,- der letzte in Bassenheim aktive Schneidermeister. Am Karmelenbergerweg, gegenüber der Einfahrt zur Kond, wohnend, fertigte er Hosen und Anzüge nach Maß, die er vorher bei seinen Bestellern genommen hat. Der am 06.06.1905 in Bassenheim geborene Schneider Jersch machte seine Lehre in der Zeit von 1922 bis 1925 in Mülheim bei seinem Schwiegervater Josef Baulig. Nach seiner Meisterprüfung eröffnete er in Bassenheim eine Schneiderei. Mehrere Lehrlinge bildete Georg Becker während seiner Arbeitsjahre aus. Ein Lehrling, er stamme aus Ürsfeld in der Eifel, musste in der Woche bei Vollpension in Bassenheim bei der Familie Becker bleiben, da es in dieser Zeit keine Verkehrsverbindung nach Hause gab.
Es waren nicht immer rosige Zeiten in dem Schneiderbetrieb. Als in den 30er-Jahren viele Leute arbeitslos waren und die Nähaufträge nicht zum Lebensunterhalt reichten, machte er bei den Bauern in der Handarbeit Kartoffeln aus und bastelte nebenbei noch Weihnachtskrippen, Festungen und Bauernhöfe, die er dann verkaufte. Im 2. Weltkrieg wurde er Soldat und kam später in französische Gefangenschaft, in der er bis Ende 1945 blieb. In der Heimat fand er 1946 wieder zu seinem Beruf und die Schneiderei florierte. Als in den Jahren 1955-56 der Trend zum „Kauf von der Stange“ kam, stand die Frage der Existenz wieder einmal auf dem Spiel. Nach reiflicher Überlegung entschloss sich Georg Becker ein Angebot der Bundeswehr zur Führung einer „Nähstube“ anzunehmen. Im Jahre 1958 löste er seinen kleinen Betrieb auf und ging im Rahmen des NATO-Ausbaus nach Fontainebleau in Frankreich, um dort in seinem Beruf bis zu seiner Pensionierung 1968 zu wirken.