Die Herrschaft Bassenheim und ihre Nachbarorte in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges
Im Dreißigjährigen Krieg waren die außerhalb der fest ummauerten Städte Andernach und Koblenz gelegenen Ortschaften schutzlos der umherziehenden Soldateska ausgeliefert. Spanische, französische, schwedische und kaiserliche Regimenter richteten auf ihren Streifzügen durch das Rhein- und Moseltal verheerende Schäden an, von denen auch die Landorte des kurtrierischen Amtes Bergpflege nicht verschont blieben.
Die Ereignisse und Schrecken jener Tage schildern mehrere Berichte und Schriftstücke des damaligen Bassenheimer Pfarrers Andreas Fuchs, die er in den Jahren 1634 bis 1636 in jeweils kurzen Abständen an seinen Patronatsherrn richtete. Dem Adressat, Junker Damian Waldbott von Bassenheim, fiel das Öffnen der Briefe sicherlich schwer, wenn er auf diese Weise von neuen Zerstörungen erfuhr und aus der Ferne tatenlos zusehen musste, wie seine Herrschaft und sein Schloss langsam völlig ruiniert wurden.
Der Dreißigjährige Krieg erreicht Bassenheim
Bereits am 15.10.1634 hatte Pfarrer Andreas Fuchs zum Schutz der Herrschaft und des Dorfes bei Herrn Oberst Nivenheim, Herrn von Fürstenberg und Junker Caspar von der Leyen aus dem Hauptquartier in Heddesdorf „7 deutsche und 6 spanische Soldaten“ angefordert. Nachdem sie 4 Tage und 5 Nächte in Bassenheim auf Wache gestanden hatten, erhielten sie den Befehl aufzubrechen. Zum Dank gab man dem deutschen Korporal zwei Reichstaler, dem spanischen Fähnrich vier und den gemeinen Soldaten jeweils einen Taler. Nur einer der Soldaten forderte nichts, da er des neuen Hofmanns Hermann Dürenbachs Pferd mitnahm. Mit einem Ohm alten und neuen Wein und einem Malter Korn, die offensichtlich zur Verpflegung nötig waren, erhöhte sich die Abgabe auf insgesamt 80 Reichstaler.
Da man inzwischen ihre Exzellenz Graf von Mansfeld auf dem Weg nach Bassenheim vermutete, begab sich der Pfarrer mit Herrn Junker von der Leyen, den er nachts zu Ahrenberg traf, erneut ins Hauptquartier. Dort konnte er Herrn Ferdinand Hundt von Saulheim, aus Neuweiler bei Elsas-Zabern, mit seinem Reitknecht als Beschützer gewinnen, der zwar zunächst vorgab, sein bestes zur Verteidigung zu tun, aber schließlich wegen der feindlichen Übermacht weitere Hilfe verweigerte.
Kurze Zeit später logierte Oberst Riedberg mit seinen Leuten 8 Tage im Bassenheimer Schloss. Sie ruinierten das Dorf, nahmen die Pferde mit und steckten mehrere der umliegenden Ortschaften in Brand. Außer vier schlechten Pferden aus den herrschaftlichen Ställen raubten sie noch zwei des verstorbenen Hofmanns, eine Mastkuh und 200 Schafe. Nach Abzug dieser Besatzung blieben nur 12 Schafe übrig.
Noch während der Pfarrer um göttliche Gnade flehte, in der Hoffnung, dass es nun genug sei, meldeten sich weitere Soldaten an, die ins Schloss wollten. Ein im Dorf verbliebener Guardian (Wächter) wies sie jedoch zurück, sodass sie sich nur eine Nacht im Ort aufhielten.
General von Mansfeld übergab vorübergehend seinem Vetter die Befehlsgewalt über die Herrschaft, nachdem man ihn von den verheerenden Schäden in Kenntnis gesetzt hatte. Kurze Zeit später, am 21.12.1634, zogen die Franzosen in Bassenheim ein und jeder Untertan musste sie fünf Tage lang, bis zu ihrem Abzug nach Winningen, beköstigen.
Geschehnisse aus dem Jahr 1635
Am 26.02.1635 folgte eine weitere Nachricht des Pfarrers aus der Stadt Andernach, wo er sich einige Tage aufhielt. Der Nickenicher Pastor, der dortige Karthäuser Hofmann und ihr beider Herr hatten nach dem Aufbruch der Mansfeldischen Armee Herrn Oberstleutnant Paßmann in Andernach um Bezahlung der angerichteten Schäden gebeten. Wegen der hohen Kosten verwies dieser sie jedoch einfach an den Kölner Kurfürst oder an den Stadtrat. Unterdessen beabsichtigten die spanischen Truppen bei Trier in Kürze ihren Marsch moselabwärts fortzusetzen.
Von dieser Kriegsgefahr vernahm man in Andernach nur wenig, denn man hatte den sicheren Hinweis erhalten, dass die Spanier von Wittlich an die Mosel ziehen würden, um bei Lieser den Fluss zu überqueren. Da der Saffiger Kellner Balthasar (Schorn) diese Nachricht bestätigte, kannte man in der Stadt weder Not noch Furcht.
In seinem Schreiben vom 02.03.1635 informierte Andreas Fuchs seinen Herrn über eine am 28. Februar zu Koblenz getroffene Verordnung, in der alle Bürger der Stadt aufgefordert wurden, für den Fall der Belagerung einen Brotvorrat anzulegen, mit dem man mindestens eine Dauer von drei Monaten überbrücken konnte. Wem dies nicht möglich war, der sollte die Stadt verlassen. Es durfte aber kein trierischer Untertan Korn oder andere Früchte nach Andernach bringen und dort zum Verkauf anbieten.
Inzwischen hatten 500 kaiserliche Soldaten bei dem bereits sehr zerstörten und gebrandschatzten Ort Molsberg im Westerwald Quartier bezogen. Andere Truppenteile vermutete man in der Gegend um Brechen, Villmar und Limburg an der Lahn.
Den Berichten des Pfarrers zufolge blieb die Hoffnung, „dass sie etwas Wirkliches ausrichten und den schon lange gewünschten Frieden erlangen mögen.“
Während der letzten französischen Einquartierung und dem gleichzeitigen Vorbeizug der kaiserlichen Soldateska war es zu Missverständnissen gekommen, bei denen die Kaiserlichen später aus dem Wirtshaus „Zum grünen Wald“ in Andernach einen Boten mit dem Vorwurf nach Bassenheim schickten, dass die Untertanen und Franzosen ihren Trompeter und sein Pferd verletzt und beschädigt hätten, obwohl dies keineswegs der Wahrheit entsprach.
Am 21.04.1635 zog Herr Emmerich von Metternich mit einer ansehnlichen Gesellschaft in Bassenheim ein. Zur Verpflegung und Verstärkung seiner kaiserlichen Soldaten ließ er eine Kalesche Kommisbrot, ein fünfohmiges Fass Wein und zwei Patarren ins Dorf bringen. Nach einem Anschlag auf die Stadt Koblenz und dem Ausbleiben seines Obersten Leutnants war er nach Bassenheim gekommen und hatte dort den Proviant sowie die erwähnten beiden Patarren mit 44 Schützen bis auf weitere Order stationiert. Am Nachmittag kehrte der Generalwachtmeister von Metternich nach Mayen zurück.
Allerdings fügte die Aufnahme der Soldaten, die den Anschlag auf Koblenz unternommen hatten, der Herrschaft noch größeren Schaden zu, da sie die Verbitterung der Franzosen zu spüren bekamen. Im Gegenzug fiel der Baron de Montecieux mit etlichen Bewaffneten in den zu Koblenz an der Mosel gelegenen Bassenheimer Hof ein, plünderte die Rüstkammer und drohte, das Dorf und den Hof in Brand zu setzen, falls die kaiserlichen Schützen von dort nicht abrückten.
Herr von Elzt bot dem Generalwachtmeister an, die besten Sachen aus dem Bassenheimer Hof in sein Haus zu nehmen, damit sie nicht in die Hände der Franzosen fielen. Der Vorschlag ließ sich jedoch unter den Augen der Feinde nicht verwirklichen. Nach der Meinung des Pastors Fuchs beruhte die Aufsässigkeit der Koblenzer Besatzung auch auf der Tatsache, dass er zum Schutz spanische und kaiserliche Soldaten in seinem Haus beherbergt hatte. Gleichzeitig hoffte er, dass die im Dorf verbliebenen französischen Gefangenen bald in einem Austausch nach Koblenz zurückgebracht würden.
Da bekannt wurde, dass die feindlichen Franzosen in Koblenz besser über die Beschaffenheit des kaiserlichen Militärs in Bassenheim informiert waren als die eigenen Kommandeure, glaubte man an Verrat. Das Eindrücken der Schützen mit ihren zwei Konstablern hatte man in der Stadt sofort in Erfahrung gebracht.
In seinen weiteren Briefen beklagte der Pastor vor allem die mangelnde Disziplin bei den Soldaten, die den armen Untertanen Fleisch und Kleidungsstücke entwendeten. Einer der Diebe wurde gefasst und kurze Zeit später nach Mayen ins Gefängnis gebraucht, aber nach Begleichung seiner Schuld bald wieder freigelassen.
Die Koblenzer Besatzung war aus geheimen Quellen sofort informiert worden, als das kaiserliche Militär moselaufwärts zog. Am 27.04.1635 nutzte sie eine günstige Gelegenheit und überfiel völlig überraschend das zu Kobern aufgeschlagene Quartier. Danach steckten die Franzosen noch vier weitere Ortschaften in Brand. Auch die Nachbarorte Kärlich und Kettig blieben von den Kriegsereignissen jener Zeit nicht verschont.
Am 07. Juni berichtete der Bassenheimer Pastor von dem am vergangenen Montag erfolgten Durchzug der schwedischen Reiter durch die Stadt Koblenz, die sich bei Kärlich mit den Franzosen unter Herrn Baron de Montecieux zum Angriff formierten.
Die Besatzung der Kärlicher Burg, die mit zwei Hauptleuten und kaiserlichem Fußvolk dem Befehl des Generalwachtmeisters von Metternich unterstand, wurde dreimal aufgefordert sich zu ergeben, leistete aber trotz schwerem Beschuss heftigen Widerstand. Da der Feind nichts ausrichten konnte, plünderte er den Ort, zerstörte die Kirche, ermordete den Glöckner, raubte den Ornat und führte den Kärlicher Pastor Anton Doetsch gefangen nach Koblenz, wo man ihn seiner Kleider entledigte und jämmerlich mit Schlägen traktierte. Danach blieb er noch mehrere Tage in französischer Haft.
Ähnlich erging es dem Kettiger Pfarrer, der ebenfalls seiner Kleider beraubt und verjagt wurde. Das von den schwedischen und französischen Soldaten in den beiden Ortschaften gestohlene Vieh konnten die Dorfbewohner später auf der Schartwiese bei Neuendorf für einen Reichstaler pro Stück wieder auslösen.
Zur gleichen Zeit bezog ein kaiserlicher Kommandant zu Bassenheim Quartier. Er hatte zunächst seine Stellung in der Herrschaft Ehrenberg aufgeben müssen, sich aber dann in Kobern gegen die französischen und schwedischen Belagerer tapfer behaupten und das dort gelegene Schloss vor einer Zerstörung bewahren können. Seine Anwesenheit bot dem Bassenheimer Pastor den einzigen Rückhalt, auf den er sich in diesen unruhigen Tagen stützen konnte. Allerdings enthält die Korrespondenz des Pfarrers auch den Vermerk, dass der Kommandant mit den ungemusterten Soldaten zu gut verfahre, damit sie beim jetzigen schwedischen Aufruhr nicht davonlaufen.
Als Folge dieser Maßnahme verringerte sich die militärische Disziplin und Ordnung. Die Soldaten brachen nachts in das Bassenheimer Schloss ein, entwendeten 260 Liter Wein aus dem Keller und veranstalteten ein öffentliches Trinkgelage. Eine Beschwerde des Pfarrers über diesen Diebstahl hatte wenig Erfolg, denn kurze Zeit später fehlten im äußeren Keller erneut 35 Liter Wein.
Unter diesen Voraussetzungen schwand auch der Gehorsam bei den eigenen Untertanen, die gegen den nicht sehr beliebten, aber diensteifrigen Pastor Fuchs, der sich nicht nur um seine seelsorgerische Tätigkeit kümmerte, offen Partei ergriff. Über das bei der Herrschaft gegen ihn eingereichte Beschwerdeschreiben äußerte der Pastor entrüstet: „dass er nicht vermeint hätte, so neidische und in der Andacht erkaltete Pfarrkinder hier zu finden, welcher Ort doch so reichlich mit geistlichen Gütern begabt und mit Messen wöchentlich versehen wird, so alles zu der Untertanen mehreren Eifers, zur Andacht und ihrer Seeligkeit gereichen sollte.“
Am 27.06.1635 eilten die Franzosen von Koblenz nach Bassenheim und entführten 13 Stück Vieh. Für seine Rückgabe forderten sie von den Untertanen insgesamt 39 Reichstaler.
Am 10.07.1635 übersandte der Pastor die Nachricht, dass ihn die Franzosen bei der Messe gestört und die Gläubigen mit 200 in den Hecken bei der Mühle gelegenen Soldaten eingeschüchtert und verjagt hätten.
Vorübergehend waren auch die Schweden nach Bassenheim gekommen, hatten aber bald darauf ihren Marsch ins tierische Land fortgesetzt.
Für einige Tage reiste Andreas Fuchs nach Andernach, um dort einige Fässer Wein zu verkaufen. Zwischenzeitlich zogen die Schweden unter dem Befehlshaber Waldt in Richtung Kärlich. Beim gemeinsamen Abendessen in Andernach erfuhr der Bassenheimer Pastor von Herrn Oberst Moulie, dass der Kommandeur Waldt, trotz erheblichen Einspruchs des Barons de Montcieux, die Kärlicher Burg den Flammen übergeben hatte. Auf die Einwände des Franzosen soll Waldt geantwortet haben: „Es müssen wohl (noch) andere Häuser verbrannt werden, als eben diese besagte Burg, ja alle Orte müssen verbrannt sein, da sich die Kaiserlichen aufhalten.“ Nach dieser Äußerung erfolgten weitere Überfälle auf schutzlose Ortschaften, aus denen man das Vieh raubte und die Bevölkerung verjagte.
Als die Schweden am 11.07.1635 nach Kastellau im Hunsrück marschierten, trat Erleichterung ein und Pfarrer Fuchs gab zu verstehen, dass er von Andernach wieder nach Bassenheim reise, damit (dort) eine bessere Ordnung gehalten werde.
Das Jahr 1636
Am 05.03.1636 verständigte Andreas Fuchs seinen Herrn von der Einnahme des Klosters Rommersdorf, bei der außer den in Gefangenschaft geratenen Offizieren alle kaiserlichen Soldaten von den Franzosen bei einem Überraschungsangriff niedergemetzelt wurden.
Zum Schutz der Herrschaft logierten zwischen dem 13. und 24.04.1636 im Schloss einige Soldaten aus dem Regiment des Oberst Neunick. Nachdem sie aber eine Viehherde stahlen, die sie auf dem Gemeindevorhof öffentlich verzehrten und verkauften, erwirkten der Pastor bei Herrn General von Götzen ihren Abzug. Am 12.08.1636 teilte Pfarrer Fuchs seinem Herrn mit, dass die Herbsternte in Niederlahnstein wegen der umherziehenden Franzosen gefährdet sei. Es bestünde aber die Absicht, drei Regimenter der götzischen Armee wegen des ständigen Ausfalls der französischen Besatzung hinter die Festung Ehrenbreitstein zu verlegen, um diesen Fluchtweg zu versperren.
Pfarrer Fuchs als Chronist des Krieges
Die Korrespondenz des Bassenheimer Pfarrers Andreas Fuchs ist eines der seltenen interessanten und zeitgeschichtlichen Zeugnisse, die von den Ereignissen des Dreißigjährigen Krieges in unserer Heimat ausführlich berichten.
- Karl-Heinz Reif: „Heimatbuch-Jahrbuch 1985 Kreis Mayen-Koblenz“, S. 187 – 191.
- Grundriss Platz, Familienbuch S. xxxx
- Landeshauptarchiv Koblenz Abt. 53 C 5 Nr. 916
- Titelbild: Jacques Callot (1592–1635), Scene of Pillage, 1633, Museum of Fine Arts, Houston. Bildquelle: Google Cultural Institute. Gemeinfrei.